Von Ganzem Herzen

Als wir in einem beseelten Moment beschlossen, ein Festival für die freie Szene im Ruhrgebiet auf die Beine zu stellen, wurde uns sehr schnell klar, dass wir das auf keinen Fall alleine stemmen können. Zur Begeisterung und Vorfreude gesellte sich bald die Erkenntnis hinzu, dass wir da ein ganz schönes Mammutbaby zur Welt bringen wollten. Wir würden jede Menge Hilfe brauchen, auf verschiedene Arten und von verschiedensten Menschen. Wir brauchten Locations, KünstlerInnen, HelferInnen für die Vorbereitung und die Durchführung, und Geld. Viel Geld. Oder?

Meine erste Anlaufstelle war der Mann, der seit zehn Jahren das Kreativquartier Ruhrort managt und hier schon tausende große und kleine Veranstaltungen organisiert hat: Heiner Heseding. Wir kannten uns durch andere gemeinsame künstlerische Projekte, und ich wusste von seinem Tatendrang und seiner Begeisterungsfähigkeit. Und Heiner sagte klar, klingt super, machen wir. Und nicht nur das: Er sagte auch klar, Locations, haben wir. So schnell, so einfach. Die ersten Ultraschallbilder unseres Mammutbabys sahen gut aus.

Jeder, der mal auf eigene Faust einen Umzug organisiert hat weiß, dass es immer eine zweischneidige Sache ist: Einerseits bekommt man, wenn man es drauf anlegt, schon viele Helferinnen und Helfer zusammen, andererseits ist es auch oft ein bisschen unangenehm, das Netz weiter zu spannen und Leute, die man eine Weile nicht mehr gesehen hat, zu fragen, ob sie nicht ihren freien Tag damit verbringen wollen, seine Waschmaschinensammlung in den achten Stock zu tragen. 
Glücklicherweise ist Schamgefühl nicht unser größtes Problem, und so fragten wir jeden den wir kannten und viele Leute, die wir nicht kennen, ob sie Teil unserer verrückten Idee und unseres charmanten Teams werden wollen. Und sie wollten. Unfassbar viele Leute boten uns ihre Hilfe an und brachten Ideen ein. Und zeigten uns auf, was wir übersehen, zerdacht oder vernachlässigt hatten. Jede Menge begabte Hebammen für unsere Mammutgeburt.

Als nächstes schrieben Ingo und ich alle KünstlerInnen an die wir kannten und von denen wir glaubten, dass sie dabei sein würden. Wie gesagt: Das Ruhrgebiet ist voll von Menschen, die seit vielen Jahren auf höchstem Niveau Kunst erschaffen, auch und gerade weit ab der großen Theater. Und wenn man ein paar Jahre in dieser Szene aktiv ist dann ergibt sich ein gutes Netzwerk, auf das wir nun zurückgriffen. Wir hatten sehr schnell Zusagen von 10-15 Gruppen, alle begeistert von der Idee und genauso enthusiastisch wie wir. Der Kopf unseres Mammutbabys war schon zu sehen. Viele dieser KünstlerInnen seht ihr auf unserer Homepage, und wie ihr auch seht: Es sind mittlerweile noch viele weitere dazugekommen. 

Geld. Ein Mammutbaby auf die Welt zu bringen kostet eine Menge Geld (keine Sorge, ich bin jetzt auch fertig mit der Analogie), und ein Festival auch. NRW und Deutschland bieten freien Künstlern viele Möglichkeiten, Förderung für ihre Projekte zu erhalten. Prinzipiell. Doch diese Fördertöpfe sind begrenzt und die Zahl der Kulturschaffenden ist groß, und so auch der Konkurrenzkampf um Fördergelder. Wir stellten diverse Förderanträge (Eine ganze Menge Arbeit, by the way) und schrieben dutzende private Förderer an, unsere Berechnungen ergaben, dass wir insgesamt 50.000 Euro brauchen würden. Um es kurz zu machen: Es erreichten uns viele, viele Absagen. Viele. Nicht mal ein Zehntel der Summe sollten wir zur Verfügung haben. 
Krisensitzung. Was nun? Was können wir überhaupt machen mit so wenig Geld? Naja, genau das war wir, und andere unterförderte KünstlerInnen, schon seit Urzeiten tun: Improvisieren! Wir wollten unseren Traum nicht aufgeben, auch mit wenig Geld. Wir hatten Spielorte, wir hatten HelferInnen und KünstlerInnen, und wir hatten ein paar Förderer, die eben doch an uns glaubten.

Und dafür möchten wir Danke sagen. Danke an die Kreativen, die unsere Vision teilen. Die auch ohne Gage auf die Bühne gehen, weil sie glauben, dass das hier ein Schritt in die richtige Richtung und zu einer besser geförderten Kulturlandschaft ist. Danke an die Ehrenamtlichen, die mit uns denken, planen, vorbereiten, räumen und bauen und ohne die nichts von Alledem möglich wäre. Danke an die Besitzer von Lokalen und Räumen, die uns ihre Schlüssel in die Hand drücken und sagen „macht mal“. Danke an das Kulturbüro Duisburg, an Haniel und an die Volksbank Rhein-Ruhr, die eben doch an uns glauben und das auch in finanziellen Zuwendungen ausdrücken. 

Kultur gehört uns allen, und kommt von uns allen. Kultur kann es nur geben, wenn Menschen daran glauben und etwas dafür tun. Danke.

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