Auf ein Neues und ein Blick zurück

20. August 2021. Es ist ein wunderbar sonniger Spätsommerabend, und dementsprechend gut ist die Stimmung auf dem Neumarkt in Duisburg- Ruhrort. Die Leute stehen in kleinen Gruppen zusammen, haben Getränke in der Hand und unterhalten sich. 20 Meter weiter steht die Tür eines kleinen Ladenlokals offen, und Menschen laufen mit Kabeln, Instrumenten und Stühlen rein und raus. Von der Harmoniestraße nähert sich in beeindruckendem Tempo ein junger Mann mit Sonnenbrille auf einem Fahrrad, bremst quietschend neben mir und lächelt mich an. „Sorry dass ich zu spät bin. Wo kann ich helfen?“

Auf den ersten Blick hätte man beim ersten Duisburg Fringe Festival fast vergessen können, wie oft wir unsere Pläne umschmeißen und von vorne beginnen mussten. Man hätte fast vergessen können, dass die freie Kulturszene seit anderthalb Jahren auf Lebenserhaltungsmaßnahmen angewiesen ist, und dass die Menschen viel zu viel Zeit alleine zuhause und viel zu wenig Zeit in Gesellschaft, in der Sonne und bei Konzerten und Theateraufführungen verbracht haben. Aber dann hätte man sich gewundert, warum bei einem open air Konzert Stühle vor der Bühne stehen (Um die Anzahl der Zuschauer zu begrenzen und auf den Mindestabstand zu achten). Man hätte sich gewundert, warum die fleißigen Helfer das Ladenlokal nur mit medizinischen Masken betreten (um sich und die anderen vor Infektionen zu schützen). Und wahrscheinlich hätte man sich gewundert, warum nicht wie geplant und angekündigt hier schon seit dem Vormittag der Ausnahmezustand herrscht (weil wir das Programm eines Wochenendes auf 3 verteilt haben, um auf Nummer sicher zu gehen).

Aber als die Band ELLA die ersten Töne auf der Gitarre spielt und sich bald eine sanfte Stimme dazugesellt, vergessen alle Anwesenden für eine halbe Stunde all diese Kandidaten für das Unwort der Jahre 2020-2022: Pandemie, Infektionsschutz, Inzidenz. Und als das Theater Glassbooth später am gleichen Abend mit dem „Reichsbürger“ auf die Bühne geht, erinnern wir uns daran, was wir verpassen, wenn Kultur nicht stattfinden kann: Wach werden, aufrütteln, mitfiebern, aufregen und nachdenken. Ein gelungener erster Abend, und eine wunderbare und wichtige Erinnerung daran, warum wir tun was wir tun.

Es hört sich furchtbar an, zu sagen, dass etwas „unter den gegebenen Umständen ein Erfolg“ war. Aber das erste Duisburg Fringe Festival war unter den gegebenen Umständen durchaus ein Erfolg. Wir hatten 6 Abende und 3 Vormittage voller Musik, Theater, Comedy, Lachen, Nachdenken und ungläubig-die-Augen-aufreißen. Wir hatten Regenwolken, die im letzten Moment vorbeigezogen sind, Künstler*innen, die im letzten Moment eingesprungen sind, und Audiokabel, die im letzten Moment aufgetaucht sind. Wir hatten Besuch von der Presse, der politischen Prominenz und, noch viel wichtiger, von vielen restlos begeisterten Zuschauer*innen.

Jetzt ist 2022. Die Welt ist aus verschiedensten Gründen noch lange nicht wieder so, wie wir sie zu kennen glaubten. Und genau deswegen machen wir weiter. Weil das erste Duisburg Fringe Festival uns gezeigt hat, wie wichtig unser Einsatz ist, und wie großartig das, was wir gemeinsam mit Künstler*innen und Gästen auf die Beine stellen können. Es wird ein zweites Duisburg Fringe Festival geben. Und dafür brauchen wir euch. Auf, vor und hinter der Bühne. Jeder kann etwas beitragen. Wie das geht? Schaut auf die Homepage, meldet euch und lasst uns gemeinsam etwas erschaffen.

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